Freitag, 18. April 2014

Kastalia (11): Was sahen die Zeitgenossen?

Karl Scheffler schrieb in Kunst und Künstler: "Die schönste Arbeit der diesjährigen Secessionsausstellung ist, so scheint mir, die Plastik einer sitzenden Frau von Gerhard Marcks. Der Künstler nennt sie Kastalia, was ein Bißchen nach Klassizismus schmeckt. Tatsächlich mutet die Form auch etwas klassizistisch-nazarenisch an, man glaubt im ersten Augenblick vor einer hübschen Allegorie des Winters aus dem Jahre 1820 etwa zu stehen. Dieses Stilisierte und Konventionelle ist aber das Gewand einer echten und starken Lebensempfindung, eines eigenartigen plastischen Formgefühls und eines seltenen Sinnes für den Ausgleich von Höhe und Tiefe, von Licht und Schatten, von Fläche und Detail. [...] Hier wird das Beste der modernen Skulptur – wenn auch in einer mehr feinen und empfindsamen als in einer kräftigen Weise - fortgesetzt". Vielleicht dachte Scheffler an ein bestimmtes Bild (Frage an die Fachleute fürs 19.Jahrhundert). Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er mit "klassizistisch-nazarenisch" meinte, dass Marcks "deutsche" und "mediterrane" Quellen verband.

Friedrich Overbeck: Italia und Germania, 1811-1828
München, Neue Pinakothek

Dienstag, 15. April 2014

Kastalia (10): Was sahen die Zeitgenossen?

Kauernde Frau, um 1800
Terrakotta, ca. 60 cm
Ludwig Thormaehlen nannte die Kastalia von Gerhard Marcks 1932 "die etwas klassizistisch sitzende weibliche Figur". Wahrscheinlich dachte er dabei an klassizistische Grabfiguren, wie diese, die sich im Liebighaus in Frankfurt befand. Marcks kannte die Sammlung des Liebighauses gut.

Freitag, 11. April 2014

Kastalia (9)

Warum nennt Marcks seine Figur "Kastalia"? Heute in der Bibliothek fiel mir auf, dass die Quellnymphe es nicht einmal in das "Lexikon der mythologischen Frauen der Antike" geschafft hat. Auch damals muss das ein obskurer Verweis gewesen sein, den nicht alle verstanden. Eine mögliche Spur sind die Archäologen mit denen der Künstler befreundet war. Herbert Koch war Professor in Jena und gleichzeitig im Vorstand des Jenaer Kunstvereins. 1925 schuf Marcks ein nicht erhaltenes plastisches Porträt. 1928 reisten die beiden nach Griechenland. Dort entstand die erste Idee für die Figur.