Montag, 21. Dezember 2020

 

Das Bauhaus, das keiner will (3/5) 

Zur Datierung 

Die wirtschaftliche Lage der frühen 1920er-Jahre machte es für Marcks unmöglich, mit Bronze zu arbeiten. In dieser Zeit war Holz sein bevorzugtes Material, aber er plante in einigen Fällen für Bronze. Als Professor an der Burg Giebichenstein in Halle verdiente er wesentlich mehr und dieses Geld investierte er in Güsse von drei älteren Figuren. Das Material ermöglichte ihm dünnere Formen und damit wurde umgekehrt der Umraum wichtiger. Der Gips der »Läufergruppe« wurde im Mai 1924 in einer Ausstellung bei Ferdinand Möller in Berlin gezeigt, die Bronze 1925 in der Gießerei Noack in Berlin gegossen. Die Gruppe wurde 1928 bei den Olympischen Spielen in Amsterdam gezeigt und zog dort als moderne Sportplastik Aufmerksamkeit auf sich. 

Bericht in der Zeitschrift Gartenkunst 1928


Marcks fing erst Ende 1925 an, Listen über sein Werk zu führen. In seinem Tagebuch führt er die »Läufergruppe« für das Jahr 1923 auf, gegossen wurde sie 1925. Die Arbeit »Mann und Frau« entstand 1921, wurde aber erst 1923 in Messing ausgeführt (und bereits im Oktober 1923 in New York ausgestellt).

 

Da sowohl bei »Mann und Frau« als auch bei der »Läufergruppe« die Bearbeitung des Metalls durch den Künstler eine wichtige Rolle spielt (die Hammerspuren sind gut zu sehen), gilt in diesem Fall nicht nur die Datierung des Modells, sondern auch die der Ausführung in Metall. Später wird Marcks die Bearbeitung der Bronze den Mitarbeitern in der Gießerei überlassen, aber hier untersuchte er für sich die Wirkung der vielen kleinen Flächen für die Oberfläche.

 

Montag, 23. November 2020

Das Bauhaus, das keiner will (2/5) 

Marcks, das Bauhaus und die Bildhauerei

Gerhard Marcks kam 1919 als einer der ersten Lehrer an das Bauhaus. Er sollte die Werkstatt für architekturbezogene Keramik aufbauen, aber die Idee des modernen Gebäudes als Gesamtkunstwerk wurde schon bald verlassen. Im Herbst 1920 wurde die Bauhaustöpferei in Dornburg gegründet, die Marcks bis Anfang 1925 leiten sollte. Danach wechselte er an die Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle a.d. Saale.

Das frühe Bauhaus verband die Idee einer Kunstakademie mit der einer Kunstgewerbeschule und sah das Erlernen eines Handwerks als die notwendige Basis. Die zweite Grundlage war die Erforschung der (stereometrischen) Grundformen und der künstlerischen Bildmittel. Für die Maler waren das Linie, Farbe, Fläche und Rhythmus. Für Marcks als Bildhauer waren es vor allem plastische Kontraste. Seine frühen Figuren sind ein Labor der Formexperimente. 

Bildunterschrift hinzufügen
 
 Das Relief »Frau mit Säugling« von 1919 ist bis auf eine Ausnahme nur aus konvexen Formen aufgebaut, »Mann und Frau« von 1921/23 erforscht die Wirkung von geraden Winkeln in Ansicht und Querschnitt. Jede Figur aus der Bauhauszeit erweist sich als Untersuchung eines spezifischen bildhauerischen Problems.

Gerhard Marcks: Mann und Frau 1921/23


 

Mittwoch, 18. November 2020

 

Das Bauhaus, das keiner will (1/5)

Gerhard Marcks: Läufergruppe, 1923

Die »Läufergruppe« ist ein Hauptwerk von Gerhard Marcks. Wir konnten das Werk erwerben, weil das Museum of Modern Art (MoMA) in New York es 2019 »entsammelte«. Bremer und Hamburger Bürger haben uns beim Ankauf dieser wichtigen Arbeit unterstützt, wofür wir sehr herzlich danken.

Wir haben die Geschichte der Plastik in einer Ausstellung erzählt und packen sie jetzt auf den Blog.

Die »Läufergruppe« ist eine der wenigen Bronzeplastiken in der Geschichte der Schule. Während seine Kollegen neue, modern aussehende Materialien erforschten, griff Marcks bewusst auf das altehrwürdige Bildhauermaterial zurück, genauso wie er die Technik des Holzschnittes reanimierte. Das passt nicht zu den heute vorherrschenden Vorstellungen vom Bauhaus als Hochburg des modernen Designs. Dass das MoMA sich im Jubiläumsjahr dazu entschied, das Werk zu verkaufen, ist in diesem Zusammenhang bezeichnend.